Der
vorangegangene Post hat erwartungsgemäss einigen Widerspruch ausgelöst.
Dieses Thema ist jedenfalls von allgemeinem Interesse und betrifft praktisch alle Versammlungen. Ich möchte daher im Folgenden noch einige relevante Bibelstellen näher beleuchten, die in diesem Zusammenhang gerne dafür herangezogen werden, die heute übliche Praxis der Lohnzahlungen für geistlichen Dienst zu rechtfertigen.
Andere Gemeinden habe ich beraubt und von ihnen Sold genommen, um euch zu dienen;
2.Kor.11:8
Paulus wurde für eine bestimmte Aufgabe von einer Gemeinde unterstützt - sowas ist völlig ok und hat überhaupt nichts mit dem Thema zu tun, das ich angesprochen habe. Das wird auch sehr deutlich, wenn man seine Aussage im Zusammenhang liest:
Oder habe ich Sünde getan, indem ich mich selbst erniedrigte, damit ihr erhöht würdet, daß ich euch unentgeltlich das Evangelium Gottes verkündigt habe?
Andere Gemeinden habe ich beraubt und von ihnen Sold genommen, um euch zu dienen; und als ich bei euch war und Mangel litt, bin ich niemand beschwerlich gefallen; denn meinem Mangel halfen die Brüder ab, die aus Mazedonien kamen; und in allem habe ich mich gehütet, euch zur Last zu fallen, und werde mich ferner hüten.
2.Kor.11:7-9
im Übrigen prangert er ja hier grade die Verführung durch falsche Apostel an, die sich überheben und die Gemeinde "aufzehren und ausnehmen" und stellt dem seine eigenes Verhalten und seine Entbehrungen entgegen...
Ihr ertraget es ja, wenn jemand euch knechtet, wenn jemand euch aufzehrt, wenn jemand von euch nimmt, wenn jemand sich überhebt, wenn jemand euch ins Gesicht schlägt...
2.Kor.11:20
In diesem Zusammenhang sind die Aussprüche aus Vers 8 wohl eher ironisch zu verstehen."unentgeltlich das Evangelium Gottes verkündigt ... andere Gemeinden habe ich "beraubt" und von ihnen "Sold" genommen, um euch zu dienen;" - Paulus macht soetwas gerne, besonders wenn es um das Thema gesunde Lehre und Geld geht.
...Menschen, welche verdorbenen Sinnes und der Wahrheit beraubt sind und die Gottseligkeit für eine Erwerbsquelle halten, von solchen halte dich ferne!
Es ist allerdings die Gottseligkeit eine bedeutende Erwerbsquelle, wenn sie mit Genügsamkeit verbunden wird.
1.Tit.6:5,6
Paulus war jedenfalls nirgendwo fest angestellt oder erhielt einen "Lohn", wie es heute so häufig der Fall ist - er bekam und nahm nur dann Geld von den Geschwistern, wenn ein best. Bedarf dafür war - also wenn er aus irgend einem Grund nicht selber für seinen Lebensunterhalt sorgen konnte, wie er das sonst jedenfalls tat:
Wir haben auch nicht umsonst bei jemand Brot gegessen, sondern mit Mühe und Anstrengung Tag und Nacht gearbeitet, um niemand von euch zur Last zu fallen.
2.Thess 3:8
Ihr wißt selbst, daß für meine Bedürfnisse und für diejenigen meiner Gefährten diese Hände gesorgt haben.
Apg.20:34
Eine weitere Schriftstelle wird auch gerne herangezogen:
Also hat auch der Herr denen, die das Evangelium verkündigen, verordnet, vom Evangelium zu leben.
1.Kor.9:14
Das entscheidende Wörtchen, dass hier fast alle gängigen Bibeln mit "vom" übersetzten ist das griech. "ek" - es ist eine primäre Präposition, eine "Erkennung der Herkunft" und hat allgemein die Bedeutung "aus / nach / unter".
Wer das Evangelium predigt, soll also aus, bzw. nach oder unter dem Evangelium leben. Das macht Sinn.
Was genau bedeutet das nun bezgl. der Frage nach den leiblichen Grundbedürfnissen von Nahrung, Kleidung und Unterkunft? Sollen diese gesichert sein, DAMIT wir das Evangelium predigen, oder werden sie gesichert sein, WEIL wir das Evangelium predigen? Das Gesamtzeugnis der Schrift legt mit Sicherheit nahe, die zweite Antwort richtig ist.
So seid nun nicht besorgt, indem ihr saget: Was sollen wir essen? oder: Was sollen wir trinken? oder: Was sollen wir anziehen? denn nach allem diesem trachten die Nationen; denn euer himmlischer Vater weiß, daß ihr dies alles bedürfet. Trachtet aber zuerst nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles hinzugelegt werden.
Mt.6.31-33
Bedenken wir nur, dass Jesus das Trachten nach und das Sorgen um die leiblichen Bedürfnissen als ein heidnisches Tun branntmarkt (Vers 32), kann man schnell erkennen, dass "nach dem Evangelium zu leben" eine völlig andere Bedeutung haben muss, als die Absicherung der Grundbedürfnisse eines Arbeiters im Weinberg sicherzustellen.
Vielmehr bedeutet es, ganz im Vertrauen auf Sein Wort den Dienst im Reich Gottes zu tun, und der Vater wird sich dann um die leiblichen Bedürfnisse kümmern.
Wie genau geschieht das denn?
Gott wird ja nicht immer Wachteln vom Himmel regnen lassen...
Gemäss dem Vorbild des Paulus, dass wir gehalten sind nachzuahmen, ist dies zuallererst einmal die eigene Versorgung und die der Mitarbeiter durch die eigenen Hände Arbeit zu ermöglichen und sicherzustellen. Ist dies in gewissen Fällen nicht möglich (z.B. durch einen Aufenthalt im Gefängnis oder sonstige Bedrängnisse), so hat Paulus auch keine Probleme damit "Mangel" zu leiden:
Ich weiß sowohl erniedrigt zu sein, als ich weiß, Überfluß zu haben; in jedem und in allem bin ich unterwiesen, sowohl satt zu sein als zu hungern, sowohl Überfluß zu haben als Mangel zu leiden.
Php.4.12
Andererseits ist in solchen Fällen selbstverständlich die Gabe der Geschwister willkommen und ein "Wohlgeruch" vor Gott (Vers 18).
Dies alles ist ein völlig normales, biblisch oft bezeugtes Geschehen:
So diene euer Überfluß ihrem Mangel diese teure Zeit lang, auf daß auch ihr Überfluß hernach diene eurem Mangel und ein Ausgleich geschehe;
2.Kor.8:14
All das hat also überhaupt nichts damit zu tun, dass irgendjemand von irgendjemandem für "geistliche Dinenste" bezahlt wird!
...
Gerne wird auch diese Stelle hier zitiert:
Denn die Schrift sagt: "Du sollst dem Ochsen, der da drischt, nicht das Maul verbinden", und: "Der Arbeiter ist seines Lohnes wert".
1.Tit.5:18
Schon ein Blick auf den Zusammenhang macht sehr deutlich, dass es auch hier nicht um die leibliche Versorgung geht:
-
Die Ältesten, welche wohl vorstehen, laß doppelter Ehre würdig geachtet werden, sonderlich die da arbeiten in Wort und Lehre.
Vers 17
Es geht also um Ehrerbietung, nicht um materielle Dinge - denn:
Wenn aber jemand für die Seinigen und besonders für die Hausgenossen nicht sorgt, so hat er den Glauben verleugnet und ist schlechter als ein Ungläubiger.
(Vers 8)
Aha!
Diese Aussage allein ist eigentlich schon dazu geeignet, den ganzen unwürdigen Handel im Hause Gottes zu beenden und auch jeder Diskussion darüber, was hier gut und rechtens ist, ein Ende zu bereiten!
Lediglich die "Witwen", also diejenigen, die keinen Versorger haben, sie sollen von einem Gläubigen (Familienmitglied) mitversorgt werden - und nur, falls sie wirklich niemanden sonst haben der ihnen helfen kann, sollen sie in den Genuß der Hilfeleistung und Versorgung durch die gesamte Gemeinde kommen:
Wenn ein Gläubiger oder eine Gläubige Witwen hat, so leiste er ihnen Hilfe, und die Versammlung werde nicht beschwert, auf daß sie denen Hilfe leiste, die wirklich Witwen sind.
1.Tit.5:16
Dies ist auch die biblische Grundlage für Sammlungen in den Gemeinden:
Sie sollen den Hilfsbedürftigen zugute kommen, denn dies ist Teil des wahren Gottesdienstes!
Ein reiner und unbefleckter Gottesdienst vor Gott und dem Vater ist dieser: Waisen und Witwen in ihrer Drangsal besuchen, sich selbst von der Welt unbefleckt erhalten.
Jak.1:27
Es ist schon sehr krass, wie sich heute soviele geistliche Leiter bedenkenlos in dieser wichtigen Frage der Versorgung, mit den Denkweisen der Welt beflecken und gewillt sind, den Stand eines Ungläubigen oder einer mittellosen Witwe ohne Familie einnehmen - und das wird in den Versammlungen als völlig normal angesehen.
Dies alles kann man nur als völlige Verwirrung bezeichnen, eine Fehlentwicklung und eine Verkehrung der geistlichen Grundlagen einer neutestamentlichen Gemeinde.
Jesus selber macht es sehr deutlich, dass der geistliche Dienst absolut nichts mit einem Dienst für Geld gemeinsam hat:
Niemand kann zwei Herren dienen; denn entweder wird er den einen hassen und den andern lieben, oder er wird dem einen anhangen und den andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.
Mat 6:24
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