Montag, 12. August 2013

Nach meiner Pfeife tanzen

Gestern ist mir endlich die Bedeutung eines Gleichnisses Jesu klargeworden, das mir  bisher rätselhaft war:

Wem aber soll ich dieses Geschlecht vergleichen? Es ist Kindern gleich, die auf den Märkten sitzen und ihren Gespielen zurufen und sagen: Wir haben euch gepfiffen, und ihr habt nicht getanzt; wir haben Klagelieder gesungen, und ihr habt nicht gewehklagt.
Mat 11:16 

Es geht hier um eine egozentrische Sicht auf die Welt. Die anderen Menschen werden als "Gespielen" angesehen, die auf die eigene Gefühlswelt reagieren sollen. Bin ich fröhlich, sollen alle hurra rufen, bin ich traurig, sollen alle mit mir trauern. Das ist die Vergötzung der eigenen Gefühlswelt.

Die Redewendung "nach meiner Pfeife tanzen" wird wohl von diesem Vers herstammen.

Welche Folgen das im geistlichen Leben hat, erklärt Jesus dann in den beiden folgenden Versen.

Denn Johannes ist gekommen, der weder aß noch trank, und sie sagen: Er hat einen Dämon. Der Sohn des Menschen ist gekommen, der da ißt und trinkt, und sie sagen: Siehe, ein Fresser und Weinsäufer, ein Freund der Zöllner und Sünder; -und die Weisheit ist gerechtfertigt worden von ihren Kindern.
 Mat 11:18,19

Es geht gar nicht mehr darum, ob etwas von Gott kommt und wahr ist, man unterscheidet nicht geistlich, sondern alles wird nach den Äusserlichkeiten beurteilt, bzw. die Gefühle dominieren. Wenn es sich "nicht gut anfühlt", dann kann es nicht von Gott sein.

Was für ein fataler Irrtum!
 
Wie wird sich denn z.B. Herodes gefühlt haben, als Johannes der Täufer ihm sagte, dass er die Frau seines Bruders nicht haben darf, also dass er im Ehebruch und in Unzucht lebt? 

Und doch war es eindeutig die Wahrheit!

Johannes hat für diese Ermahnung mit seinem Leben bezahlt, denn der selbstzentrierte, gefühlsgesteuerte Mensch erklärt immer den zum Problem, der auf ein Problem hinweist.
 Der eine muss wohl einen Dämon haben, weil er abgesondert lebt, der andere lebt zu weltlich - man kann es Menschen mit dieser Geisteshaltung also sowieso nie rechtmachen, sie werden alles ablehnen, was nicht ihrer eigenen Gefühlswelt entspricht und es unter dem "Ansehen der Person" als ungöttlich abtun. 

Die Deutung der letzten Bemerkung ist dann eine Übersetzungsfrage.
Luther scheint hier nahe dran zu sein:

"Und die Weisheit muß sich rechtfertigen lassen von ihren Kindern."

Das geht m.E. in die richtige Richtung, dass die Wahrheit nicht einfach als solche angenommen wird, sondern sich rechtfertigen muss "vor diesen Kindern".

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Hier findet sich ein weiterer Beitrag zu diesem Thema:
Ichbezogenheit in der Verkündigung

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