Mittwoch, 14. August 2013

Wahrheit ohne Liebe? (Teil 1)

Immer wieder hört man in christlichen Kreisen die Aussage, Wahrheit ohne Liebe sei nichts wert, sie sei verletzend und würde niemandem helfen.
Dagegen ist zunächst überhaupt nichts einzuwenden, denn die Liebe soll selbstverständlich die Grundlage sein für all unser Denken, Reden und Handeln.

Doch woran oder womit misst man denn die Liebe?
Wer entscheidet, ob eine Wahrheit mit oder ohne Liebe transportiert wird?

Offensichtlich der Empfänger, bzw. diejenigen, die sich berufen fühlen darüber zu urteilen. In der Regel sind das auch Empfänger, aber durch ihr Urteil "das ist jetzt aber lieblos" oder "das schreckt ab und ist viel zu hart, kannst du das nicht liebevoller formulieren" usw., weisen sie die Botschaft von sich ab.
Grundlage dieser Beurteilungen ist also offensichtlich das eigene Empfinden, nicht die Botschaft selbst.

In einer weiteren "Eskalationsstufe" wird der Botschafter dann auch persönlich angegriffen und diskreditiert, indem man ihm Lieblosigkeit, Herzenshärte uva. vorwirft oder unterstellt. Damit wird dann i.d.R. so viel Staub aufgewirbelt, dass die eigentliche Botschaft gar nicht mehr zur Rede steht und wahrgenommen wird - es geht plötzlich nur noch um die Gesinnung und die Herzenshaltung des Botschafters.

Absurder Weise wird auf der anderen Seite aber gerne versucht einer Botschaft dadurch "die Spitze" zu nehmen (z.B. wenn man auf objektive Sünde hinweist wie z.B. Ehebruch, Homosexualität oder andere Formen der Unzucht), indem man für den Adressaten geltend machen möchte:

"Wir sehen nur was vor Augen ist, aber Gott sieht das Herz".

Tja was denn nun?

Hier wird offensichtlich mit zweierlei Maß gemessen - wobei beide Maße weit ab von den eigentlich wichtigen Fragen bleiben:

1. Ist die Botschaft wahr? (entspricht sie Gottes Wort und Willen)
2. Wie und wo betrifft sie mich und die Meinen?
3. Was ist zu tun?

Es gibt ungezählte Beispiele in der Schrift, wo die Wahrheit auf eine Weise kundgetan werden musste, die nicht grade schmeichelhaft war und der heute etliche sofort "mangelnde Liebe" attestieren würden.

Schauen wir nur mal auf Jesus selber, die Liebe in Person - ihm wird wohl niemand ein Defizit an Liebe unterstellen. Doch nicht selten findet er Worte, die an vermeintlicher "Härte und Lieblosigkeit" wohl kaum zu übertreffen sind. 

So sagt er z.B. zu seiner eigenen Mutter, die ihn bei einer Hochzeit auf den Mangel an Wein aufmerksam macht:

Jesus spricht zu ihr: Weib, was habe ich mit dir zu schaffen? Meine Stunde ist noch nicht gekommen.
Joh 2:4 

Nanu, was sind denn das für Töne?
Hat Jesus etwa mißachtet, dass man Vater und Mutter ehren soll? Hat er sich hier nicht ganz eindeutig im Ton vergriffen?

Nein!
Jesus war IMMER im Willen und im Wohlgefallen des Vaters, er ließ sich hier auch nicht von Gefühlen überwältigen - jedes Wort und jede Tat sind über allen Zweifel erhaben.

Die Ursache dieser ruppigen Worte erscheint zunächst schleierhaft, doch hier gab es offensichtlich einen "Interessenkonflikt". Seine Mutter machte ihre persönliche Beziehung zum Sohn geltend, um ein Eingreifen Jesu zu bewirken, daher antwortete Jesus auf der unperönlichen Ebene und bezeichnete seine Mutter zunächst als eine beliebige Frau, die etwas von ihm erwartete. Doch der eigentliche Fakt war, sie bat um etwas, wofür die Zeit noch nicht gekommen war.

Doch was auch immer der Grund  für diese schroffe Ansage war und warum auch immer er ihrer Bitte dann doch nachkam, spielt aber gar nicht die Rolle, entscheidend ist:

Jesus sagte auch hier aus geistlicher Sicht einfach nur die Wahrheit.
Es schien ihn nicht zu bekümmern, ob es seiner Mutter oder denen die es hörten, "lieblos" erscheinen musste.

Ein anderes beeindruckendes Beispiel ist, als er den besorgten Petrus noch heftiger zurechtweist - und das vor allen Jüngern:

Er aber wandte sich um und sah seine Jünger an und schalt den Petrus und sprach: Weiche hinter mich, Satan! Denn du denkst nicht göttlich, sondern menschlich!
Mar 8:33 

Nanu, ein treuer Nachfolger, der nur das Beste will, wird als Satan angesprochen?

Nun, aus menschlicher Sicht war die Sorge des Petrus und sein Versuch, Jesus vor Unheil zu bewahren, sehr gut nachvollziehbar und eigentlich hätte wohl fast jeder genauso oder ähnlich reagiert. Umso "härter" muss uns hier das Wort erscheinen, da wir uns mit der Haltung von Petrus so gut identifizieren können.

Doch auch hier ist wieder der Interessenkonflikt das Entscheidende. Jesus spricht es ganz deutlich aus:

"Du denkst nicht göttlich, sondern menschlich!"

So gibt es etliche andere Beispiele, in denen Jesus "harte Worte" benutzt, um den Menschen die Wahrheit aus göttlicher Sicht vor Augen zu führen. Er hat sie eben nicht beschönigt - oder wie heute meist erwartet und sogar gefordert wird - in Watte einpackt, damit sie beim Empfänger "gut ankommt".

Diese Erwartung basiert im Kern auf einer humanistischen Weltsicht, sie versteckt sich im christlichen Gewand jedoch gerne hinter der Forderung nach "mehr Liebe", denn das hört sich immerhin "geistlich" an.
Aber auch wenn es oft schwer zu erkennen ist:

Viele denken menschlich und nicht göttlich!
Und diese beiden Denk- und Sichtweisen sind nunmal in einem ständigen Konflikt.

  Der Geist ist es, der lebendig macht, das Fleisch nützt gar nichts. Die Worte, die ich zu euch geredet habe, sind Geist und sind Leben.
Joh 6:63

Hier sind eben auch all die Worte mit einbezogen, die uns aus menschlicher Sicht so hart und lieblos vorkommen könnten.

Denken wir auch daran, wie häufig Jesus diejenigen als "Heuchler" bloßstellt, die in der Gesellschaft sehr hoch angesehen waren, oder wie er die ganze Generation seiner Zeit kurzerhand als "ehebrecherisches Geschlecht" bezeichnet. Genau so wie er den versteckten Hochmut der religiösen Elite anprangert, die sich selber für Kinder Gottes halten, die aber längst "den Teufel zum Vater" haben, Für sie hatte Jesus dann sehr direkte Worte wie "Schlangenbrut / weißgetünchte Gräber" usw.usw.

 Er redet auch bei der Sünderin, die er vor dem sicheren Tod gerettet hat, nicht drumherum, sondern fordert sie auf, sie solle nicht mehr sündigen und beim Gelähmten fügt er sogar noch hinzu:

 "..damit dir nichts Schlimmeres passiert"! 

Nanu - etwas Schlimmeres als achtunddreißig Jahre lang an´s Bett gefesselt zu sein - wie ist das überhaupt vorstellbar? Nun, aus menschlicher Sicht wohl kaum, aber Jesus sieht die Realität der Sünde und ihre schrecklichen Folgen hat er ganz deutlich vor Augen - 

Jesus denkt göttlich und nicht menschlich!

Daher sagt er in Bezug auf Verführung zur Sünde sogar folgendes:

Wer aber einem von diesen Kleinen, die an mich glauben, Ärgernis gibt, für den wäre es besser, daß ein Mühlstein an seinen Hals gehängt und er in die Tiefe des Meeres versenkt würde.
Mat 18:6

Uups - das sind harte Worte!
Doch bedenken wir:
Hier spricht die reine Liebe Gottes und was sie uns sagt, ist auch in diesem Fall nichts als die Wahrheit!


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Im zweiten Teil werde ich weitere interessante Aspekte dieses Themas genauer beleuchten.

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