Montag, 2. September 2013

Die Liebe, die Liebe (agapē und phileō)

Nachdem ich in den vorangegangenen Beiträgen das Verhältnis von Liebe und Wahrheit beleuchtet habe, möchte ich hier nun die Liebe selber etwas genauer betrachten.

Wie ich hier im Blog bereits mehrmals ausgeführt habe, gibt es im griechischen Grundtext des Neuen Testaments zwei Begriffe für Liebe, für die es im Deutschen nur einen gibt. Genau genommen sind es sogar drei, die jeweils dem Geist, der Seele und dem Leib des Menschen zuzuordnen sind, da aber "eros" im NT nicht vorkommt, bleibt es hier bei dieser Betrachtung unbeachtet.

Bisher bin ich davon ausgegangen (wie es auch allgemein so gelehrt wird) - agapē stehe für die reine, selbstlose, göttliche Liebe, während phileō die menschliche, brüderliche, familiäre Liebe bezeichnet.

Man findet in der Bibel aber auch gegenteilige Schriftstellen, also lässt sich diese klare Zuordnung nicht uneingeschränkt aufrecht erhalten.

Hier z.B. lieben sich Sünder untereinander mit agapē:

Und wenn ihr liebet, die euch lieben, was für Dank ist es euch? Denn auch die Sünder lieben, die sie lieben.
Luk 6:32

Und hier liebt uns Gott mit phileō:

Denn der Vater selbst hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, daß ich von Gott ausgegangen bin.
Joh 16:27

So gibt es noch etwa ein Dutzend weitere Schriftstellen, die in dieser Hinsicht "aus der Reihe tanzen".
Insgesamt wird im NT deutlich öfter von agapē gesprochen - weit über 400 mal - während phileō nur knapp 30 mal vorkommt.

 Es bleibt also die Frage, wie eindeutig diese unterschiedlichen Begriffe zuzuordnen sind.

In der Schlüsselstelle zur Liebe, mit der wir Gott lieben sollen, ist von agapē: die Rede, aber es wird von uns erwartet, dass wir dies mit allen uns zur Verfügung stehenden Mittel tun sollen, auch mit den seelischen:

Er aber sprach zu ihm: "Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstande".

Mat 22:37

Auch Jesus fragt bei Petrus nach beiden "Formen" der Liebe zu ihm, die die Grundlage für den Dienst an seiner Gemeinde sind:

Als sie nun gefrühstückt hatten, spricht Jesus zu Simon Petrus: Simon, Sohn Jonas', liebst (agapaō) du mich mehr als diese? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe. Spricht er zu ihm: Weide meine Lämmlein.
Wiederum spricht er zum zweiten Male zu ihm: Simon, Sohn Jonas', liebst (agapaō) du mich? Er spricht zu ihm: Ja, Herr, du weißt, daß ich dich lieb habe. Spricht er zu ihm: Hüte meine Schafe.
Er spricht zum dritten Male zu ihm: Simon, Sohn Jonas', hast du mich lieb (phileō)? Petrus wurde traurig, daß er zum dritten Male zu ihm sagte: Hast du mich lieb? -und sprach zu ihm: Herr, du weißt alles; du erkennst, daß ich dich lieb habe. Jesus spricht zu ihm: Weide meine Schafe.

Joh 21:15 -17

Im Hebäischen gibt es sogar mindestens acht verschiiedene Begriffe, mit denen die sehr unterschiedlichen Facetten von Liebe differenziert benannt werden können.

Einen wichtigen Unterschied sehe ich allerdings auch in den "Auswirkungen" - die reine geistliche Liebe setzt frei, während die seelische Liebe immer an Menschen oder sogar an Dinge bindet. Obwohl wir daher stets nach der agape streben sollen, ist die eine nicht durch die andere zu ersetzten. Es geht hier mehr um eine "Rangordnung" - die Liebe zu Jesus und dem Vater muss an erster Stelle stehen, erst wenn die agapē dort etabliert ist, kann auch die phileō ihren rechten Platz einnehmen:

Wer Vater oder Mutter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig; und wer Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, ist meiner nicht würdig;

Mat 10:37

Die seelische Liebe ist eine natürliche Eigenschaft des Menschen, während wir die göttliche Liebe durch den Geist direkt von Gott empfangen. Nur dadurch  kommen wir in die Lage, selbst unsere Feinde zu lieben.

Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, welcher uns gegeben worden ist.
Röm 5:5 

Fest steht auch, dass diese Liebe keine Gefühlsduselei ist, sondern konkrete Taten hervorbringt, sowohl den Gehorsam von unserer Seite, als auch den Segen, von Seiten des Vaters.

Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wenn jemand mich liebt, so wird er mein Wort halten, und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen.
Joh 14:23 

Vermutlich hatte einer meiner Lehrer recht damit wenn er sagt, dass die unterschiedlichen Facetten im Wesen gleich sind. Es sind Ausdrucksformen der selben Liebe, sie stammen alle aus einer Quelle, aber bewässern unterschiedliche Gegenden unseres Lebens.

Wer nicht liebt, hat Gott nicht erkannt, denn Gott ist Liebe.
1.Joh 4:8  

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Hier finden sich weitere Artikel zu diesem Themenkreis, z,B. über die Selbstliebe oder über das Verhältnis von Gottes Liebe und Gottesfurcht.

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