Mittwoch, 15. Oktober 2008

Weinberg oder Minenfeld

Es gibt unter den Christen verschiedene Denominationen, die wiederum zu verschiedenen "Lagern" gezählt werden - dabei gehört es für viele zu den schmerzlichsten Erfahrungen und Tatsachen, dass nicht alle an einem Strang ziehen, sich nicht alle über alles einig sind und so - nicht nur von aussen betrachtet - die Christenheit eine reichlich chaotische Veranstaltung zu sein scheint.

Der oft gehörte Ruf, weniger auf das Trennende zu schauen und mehr auf das, was uns verbindet, wird abgenickt und verhallt dann im Eifer des Gefechts der Überzeugungen, Überlieferungen und Erkenntnisse - jaja, Jesus ist Herr, ABER dies und das und jenes kann ich keinesfalls gelten lassen...

Da wird fleißig schubladirisiert und sich mit Gleichgesinnten gegen die Verirrten zusammengetan, ja nicht selten offen zum Kampf gegen Irrlehre und Ketzerei aufgerufen und den offensichtlich "abwegigen" Geschwistern auch gerne mal das ewige Heil abgesprochen. So wird der schöne Weinberg mehr und mehr zum Minenfeld und man muß sehr vorsichtig sein, was man denkt, sagt und tut.


Das Krasseste dabei ist, wenn man sich bei solchem Tun auch noch voll im Auftrag und im Segen Gottes wähnt. Soweit ich das überblicke hat es Jesus im Bezug auf Lehre und Belehrung jedoch nie an Sanftmut und Geduld mangeln lassen, ja auch die Apostel haben diese Frucht des Geistes immer gepflegt. Natürlich gehören Belehrung, Ermahnung und Zurechtweisung unbedingt zur Nachfolge, aber es muss auf Augenhöhe geschehen - Erkenntnis muss dem Menschen dienen, nicht umgekehrt. Hier zeigt sich oft, mit "wes Geistes Kind" wir es wirklich zu tun haben.


Ja, ich bin lange Zeit auch mit wehenden Fahnen für meine Überzeugungen und Erkenntnisse eingetreten - ob es nun schon die Altersmilde ist, die da bei mir einsetzt? ;-)

Jedenfalls denke ich, wir sollten mehr zwischen Unverzichtbarem, Relevantem und der Berufung des Einzelnen unterscheiden, um uns nicht im geistlichen Gestrüpp zu verheddern. Ich habe z.B. mal mitbekommen, wie ein Bruder 2 Jahre (!) darauf verwandt hat "zu beweisen", dass Instrumental-Musik in der Versammlung nicht nach Gottes Willen ist - wow...


Die universale Gemeinde, der Leib Jesu, ist eine Zeit-, Raum- und Kulturübergreifende Versammlung von Begnadigten und Christus ist das Haupt. Punkt.

Das ist das Unverzichtbare - ausserhalb dessen gibt es keine Gemeinde:

Liebe zu Gott dem Vater durch Christus den Sohn im Heiligen Geist.


Dann gibt es da noch eine Menge relevanter Themen:


Gebet, Bibel, Gemeinde, Theologie, Mission, Vergebung, Taufe, Mahl des Herrn, Dienste, Nächstenliebe, Geistesgaben uvm. (manches kommt auch "exotisch" rüber) - also alles, was das neue Leben und Zusammenleben in der Nachfolge geistlich strukturiert und erfüllt.

Darüber hinaus gibt es eine unendliche Vielfalt an persönlichen Gaben und Vorlieben, jeder Christ hat besondere Fähigkeiten und eine Berufung - diese zu erkennen, in sie hineinzuwachsen und sie zu erfüllen ist absolut bedeutsam für den Einzelnen UND für die Gemeinschaft: Hand, Fuß, Knochen, Gelenke, Haut, Auge oder Ohr - alles ist unverzichtbar und dient dem Ganzen.

Dass vielen Gemeinden und Geschwistern oft die ersehnte Dynamik fehlt, scheint mir u.a. daran zu liegen, dass sehr viel Energie in diese relevanten Themen gesteckt wird - jede Gemeinde hat bestimmte Formen und Schwerpunkte entwickelt oder übernommen und es wird darauf geachtet, diese einzuhalten oder weiterzuentwickeln, für sie einzustehen oder zu kämpfen, als hinge unser ewiges Heil davon ab. Das zieht aber dann die Energie für die eigentl. Aufgabe ab: Das Leben des Christen in der Kraft des Geistes.


Tatsache ist, dass Leben und Dienst jedes Christen sich direkt aus der Quelle speist, DAS allein ist unverzichtbar! Jede christl. Gemeinschaft sollte das im Fokus behalten und fördern um wirklich kraftvoll und jesusmässig unterwegs zu sein - Jesus ist das Haupt, der Sohn des lebendigen Gottes, er sagt uns:


"Ich baue meine Gemeinde , ich füge hinzu, die gerettet werden"!

(Mt.16,18/Apg.2,47)

...wir sind nicht gerettet, weil wir die richtige Theologie vertreten, sondern weil wir Jesus gehören.

***

6 Kommentare:

RB hat gesagt…

Aber auch prüfen die Geister die kommen. Man kann nicht alles hinnehmen nur um den Frieden zu bewahren. Konflikte werden gelöst durch Kommunikation. Auch mal was hinterfragen im richtigen Ton. Ansonsten find ich den Artikel in Ordnung.

Viele Grüsse und nen fetten Segen Gottes

Robert

Anonym hat gesagt…

>> ...wir sind nicht gerettet, weil wir die richtige Theologie vertreten, sondern weil wir Jesus gehören. <<

Amen dazu. Unsere Erkenntnis, auch unsere Erkenntnis über Gott, ist Stückwerk, auch wenn wir noch so "bibeltreu" (im formalistischen Sinne) sind.

Natürlich gibt es Grenzen dessen, was ich als Christ glauben kann und was nicht (auf der Basis des Wortes Gottes), aber niemand gibt mir das Recht, mich zum Richter über andere aufzuspielen. Jesus schon gar nicht.

Bento hat gesagt…

hi Robert,
schön, wenn Kommunikation Konflikte löst - manchmal ist sie aber auch der Anfang aller Missverständnisse ;-)...

willkommen Rolf,
ja - es ist ein schmaler Pfad, aber wir sollen ihn mit einem weiten Herzen gehen! :-)

Segen euch!

storch hat gesagt…

echt? zwei jahre? das ist krass... mich würde ja fast interessieren wie. er wird ja die bibel gelesen haben, aber eben anders als ich. gibt es das schriftlich?

Bento hat gesagt…

puhh - ich hab das Ergebnis nie gesehen, ist auch schon einige Jahre her... das war ein Amerikaner, der damals in Frankfurt war - soll ich das echt recherchieren??

Anonym hat gesagt…

Für mich ist der rote Faden in der christlichen Lehre, daß Jesus geboren, gelebt,gekreuzigt und wieder auferstanden ist und lebt. Drumherum existieren viele unterschiedliche Meinungen, die man auch tolerieren darf. Jeder hat einen anderen Erkenntnisstand und jeder darf geistlich wachsen. Gottvertrauen und Gelassenheit ist angesagt. Liebe Grüße